Samstag, 11. Oktober 2014

Wie Stereotypen unser Denken beeinflussen…

Fallschirm
Mädchen können eh kein Mathe. Jungs sind laut und spielen Fußball – Wie Stereotype unser Denken beeinflussen
Vorurteile, Klischees, in Schubladen denken und eben auch Stereotype sind alles verschiedene Ausdrücke, die im Grunde dasselbe bedeuten. Wir bilden uns eine Meinung über eine Situation oder einen Menschen ohne alle dazugehörigen Fakten zu kennen. So ein vorgefasstes Wissen über bestimmte wiederkehrende Abläufe kann uns einerseits den Umgang miteinander ungemein erleichtern, andererseits ihn auch erschweren.
Beispielsweise hat vermutlich jeder von uns eine Vorstellung im Kopf, wie ein Restaurantbesuch ablaufen wird: Wir betreten das Restaurant, setzen uns, der Kellner bringt die Karte, geht wieder, nimmt die Bestellung auf, bringt das Essen und zum Schluss müssen wir bezahlen. Der Gast kann sich entspannen, weil er weiß was als nächstes auf ihn zukommt und seine Erwartungen erfüllt werden. Eines höheren Maßes an Aufmerksamkeit bedarf es allerdings, wenn wir überrascht werden von einem nicht erwartungskonformen Restaurantbesuch, indem wir uns zum Beispiel das Essen selbst an einem Grill zubereiten müssen oder bei dem der Kellner nicht an den Tisch kommt. Ein erhöhtes subjektives Stressempfinden ist die Folge davon.
Auf der anderen Seite kann eine stereotype Einschätzung des Gegenübers die Kommunikation zwischen zwei Menschen auch erheblich verfälschen. Es sind schließlich nicht alle Blondinen doof, alle Brillenträger oberschlau und nicht alle kleinen Männer fahren ein großes Auto.
Unsere Vorurteile beeinflussen nicht nur unser Denken über die Mitmenschen, sondern haben auch Auswirkungen darauf, wie unsere Mitmenschen über sich selber denken und sich dementsprechend verhalten. Psychologische Forscher einer italienischen Universität ließen 60 Frauen einen schwierigen Mathematiktest durchführen. Der einen Hälfte wurde gesagt, dass Frauen bei diesem Test meist schlechter abschneiden als Männer, der anderen Hälfte wurden keine weiteren Informationen gegeben. Anhand der Ergebnisse in dem Mathetest konnte nachgewiesen werden, dass die Frauen, die mit dem negativen Stereotyp über ihre Mathematikfähigkeiten konfrontiert wurden, tatsächlich auch eine schlechtere Leistung in dem Test gezeigt haben. Die Gruppe der Frauen, die keine Vorinformationen erhalten hatten, erzielte bessere Ergebnisse.
Alleine das vermeintliche Wissen, dass man in einer Aufgabe schlecht abschneiden könnte, bringt uns dazu, diese Vorhersage auch zu erfüllen. Dieser Zusammenhang wird „selbsterfüllende Prophezeiung“ genannt.
Wohl die meisten Stereotype existieren allerdings über Männer und Frauen (z. B. „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken.“). Diese Vorurteile bestehen sehr häufig auch schon über Mädchen und Jungs. Jungs spielen gerne Fußball und raufen sich. Wenn sie das nicht tun, stimmt vielleicht etwas mit ihnen nicht? Mädchen spielen gerne mit Puppen und sind nur ganz selten frech. Und wenn doch? Werden sie dann härter bestraft als Jungs? „Die sind ja eben so.“
Die Individualität eines Menschen lässt sich nur sehr bedingt mit Stereotypen erfassen.Nehmen wir uns die Zeit, die notwendig ist.
Im Übrigen wurde dieses Jahr wieder die höchste Auszeichnung in der Mathematik verliehen an die 37-jährige Frau Maryam Mirzakhani.

Die Autorin Leona Steinack ist Diplom-Psychologin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Ausbildung.

Literatur
Cadinu, Maass, Rosabianca und Kiesner (2005)



Ein Gedanke zu “Wie Stereotypen unser Denken beeinflussen…”

  1. Sabine_D
    Leider nur allzu wahr! Ich kann mich selbst sehr gut an meine Schulzeit erinnern und wie die vorgefassten Meinungen auch unserer Lehrer die Leistungen beeinflussten! Wir Mädchen waren deutlich in der Überzahl, 27 Mädels und 5 Jungs. Trotzdem hat der Physiklehrer (vielen “Dank” Herr Auer) es geschafft, den Mädchen zu vermitteln “ihr könnts ja eh nicht!” Machte ein Mädchen einen Fehler an der Tafel, rief er einen Jungen auf, “damit er ihr mal zeigt wie das geht.”
    Als ziemliche Null in Physik und nur durchschnittlich in Mathe war ich gezwungen zum Abi das als schriftliches Prüfungsfach zu wählen – mir schlotterten die Knie und ich sah mich wöchentlich zur teuren Nachhilfe laufen… Aber siehe da – ein ruhiger, aufgeschlossener Mathelehrer übernahm den Kurs, erklärte geduldig alles noch mal, wenn jemand etwas nicht verstand und vermittelte jedem das Gefühl “Mathe kann jeder”. Was soll ich sagen, aus dem Abi bin ich mit ner Zwei rausgegangen… Weil mein Lehrer an mich glaubte.

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