Depressionen bei Kindern und Jugendlichen

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Depressionen bei Kindern und Jugendlichen..

Gibt es so was überhaupt?
Und wie äußert sich das?
Bis vor einigen Jahrzehnten waren Depressionen besonders bei Kindern noch gar nicht „offiziell vorhanden“, man ging davon aus, dass Kinder nicht depressiv sein können… Aber warum eigentlich? Weil sie nicht genug Lebenserfahrung haben? Weil sie sich noch gar nicht so „einen Kopf machen“ können wie die Erwachsenen? Weil sie etwa keine lang anhaltende Traurigkeit empfinden können? Weil sie nicht „grübeln“ können? Das alle sind Fragen, die mir als Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche durch den Kopf gehen, wenn ich Kinder (und auch Jugendliche) erlebe, die ein ganz verschwommenes und wenig greifbares Problemverhalten zeigen… und eben Probleme haben, ihre ganze „miese Stimmung“ und alles was damit zusammenhängt, in Worte zu fassen.
Und da liegt die Besonderheit: Depressionen zeigen sich bei Kindern in ganz anderer Form als bei Erwachsenen oder auch Jugendlichen. Es ist oft nicht dieses typische Grübeln oder Sich-Um-Alles-Gedanken machen, die typische Traurigkeit, die wir bei Erwachsenen manchmal schon am Gesichtsausdruck und der Körperhaltung erkennen. Kinder zeigen eher untypisches Verhalten. Sie sind zum Beispiel reizbar, haben körperliche Beschwerden, sind aggressiv, zeigen Stimmungsschwankungen oder Konzentrationsprobleme oder sind plötzlich sehr trennungsängstlich und ziehen sich zurück, haben keine Lust mehr an körperlichen Aktivitäten. Auch Schlafstörungen und Essstörungen bis hin zu Gewichtsverlust oder –zunahme kommen vor.
Jugendliche neigen eher zu negativen Zukunftserwartungen und geringem Selbstvertrauen, haben das Gefühl, alles ist hoffnungslos und sinnlos, sind häufig müde, entwickeln vielleicht Ängste, Leistungsstörungen, Selbstmordgedanken oder greifen zu Alkohol und Drogen. Gerade Jugendliche können im Rahmen einer Depression oft aggressives Verhalten, Ruhelosigkeit und schlechte Laune oder sogar dissoziales Verhalten entwickeln… da denkt man als Eltern oder Lehrer erst mal nicht: „Der/Die leidet bestimmt an einer Depression.“
Deshalb ist es meiner Meinung nach umso wichtiger, dass man offen bleibt für die Gedanken und Gefühle, die sich hinter einer kindlichen, „bockigen“ Fassade oder einem jugendlichen „Starrsinn“ mit plötzlichem Problemverhalten verstecken. Offen sein heißt aber auch, hartnäckig und trotzdem geduldig dranzubleiben… und Abweisung einzustecken.
„Depression ist kein Zeichen persönlichen Versagens, mit schwierigen Lebensumständen umzugehen, sondern eine Erkrankung. Ein depressives Kind ist nicht faul, aggressiv oder unerträglich, weil es so sein will. Ein depressives Kind ist krank und braucht Hilfe. Ein depressives Kind ist auch kein Grund, an den elterlichen Fähigkeiten zu zweifeln, aber es ist ein Grund, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.“
Zu guter letzt bleibt natürlich die Frage: Was ist denn überhaupt normal in dem Alter? Was gehört besonders zur Pubertät dazu und vergeht im Laufe der Monate und Jahre von selbst? Nicht jede/r Jugendliche, der/die verschlossen, gereizt, grüblerisch oder gelangweilt wirkt ist gleich depressiv. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen normaler und depressiver Entwicklung, weshalb eine eindeutige rechtzeitige Diagnose häufig versäumt wird und zu spät angemessen behandelt wird.
Es gibt übrigens sehr unterschiedliche Studienergebnisse zur Häufigkeit von Depressionen im Kindes- und Jugendalter. Die Auftretenswahrscheinlichkeit liegt bei Schulkindern bei 1-3%, bei Jugendlichen bei 3-5%, wobei hier (wie im Erwachsenenalter) Mädchen/Frauen deutlich häufiger betroffen sind. 5-10% der Erwachsenen sind in Deutschland von Depression betroffen.
Die Artikelautorin Inken Kölle-Bork, ist approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin.

Quelle: http://www.buendnis-depression.de/depression/kinder-und-jugendliche.php