Woher kommt das und was können wir tun?
Wasser, Nahrung, Schlafen. Die Grundbedürfnisse der Menschheit. Aber nicht nur die Befriedigung dieser Grundbedürfnisse ist von überlebenswichtiger Bedeutung. Darüber hinaus besteht meist das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit, anders gesagt nach “gemocht werden”. Schnell identifizieren wir uns mit anderen Menschen, die beispielsweise Fan des gleichen Fußballvereins sind, die aus der gleichen Region kommen oder schlicht ebenfalls Männer sind. Wir bilden Untergruppierungen, die uns sympathisch sind, und grenzen uns damit gegen andere ab.
Auswirkungen von Hänseleien – wie es die Forschung erklärt
Ohne dieses Bedürfnis nach “gemocht werden” und damit Teil einer sozialer Gruppe zu sein, warten soziale Abgrenzung und sozialer Ausschluss auf das Individuum.
Das Maß des von anderen “Gemocht-werdens” spiegelt sich im Selbstwertgefühl wider, einer individuellen Einschätzung seiner Selbst. Bei negativen Bewertungen durch andere verringert sich das Selbstwertgefühl, positive Meinungen anderer über einen selbst stärken es. Negative Einschätzungen einer Person haben oft Ausgrenzung, Ignoranz oder Abweisung dieser Person zur Folge.
Dieser theoretischen Sicht auf den Zusammenschluss von Gruppen steht der äußerst praktische Alltag vieler Kinder und Jugendlicher (und auch Erwachsener) gegenüber. Hänseleien und im Extremfall Mobbing sind für viele an der Tagesordnung. Diese verletzenden Gruppenerfahrungen können zu einer negativen Einschätzung des Selbst und im schlimmsten Fall zu schweren psychischen und emotionalen Erkrankungen führen.
Praktische Tipps für Eltern und Kind
Um diesen Kreis zu durchbrechen besteht die Möglichkeit entweder am Zugehörigkeitsgefühl oder am Selbstwertgefühl des Kindes anzusetzen. Zwar kann man die anderen Kinder nicht von heute auf morgen dazu bringen, das eigene Kind zu mögen. Man kann seinem Kind aber Angebote machen in Form von anderen sozialen Gruppen, sei es der Schach-AG, einer Computerspiele-Clique oder einem Pokémon-Fanclub. Dem Kind wird damit die Möglichkeit geboten, Gleichgesinnte zu treffen, was die Wahrscheinlichkeit des “gemocht werdens” erhöht. Es gibt ebenfalls die Möglichkeit im geschützten Rahmen einer psychotherapeutisch geleiteten Gruppe positive Erfahrungen mit anderen zu sammeln und so selbstsicherer im Schulalltag auftreten zu können.
Die andere Stellschraube ist das Selbstwertgefühl. Wir müssen unseren Schützlingen gerade als Eltern klar machen, dass sie trotz oder gerade wegen der Fehler, die jeder von uns hat, liebenswert und wertvoll sind. Innere Unsicherheit führt dazu, dass schon die kleinsten Anzeichen von sozialem Ausschluss überinterpretiert oder zu einer Katastrophe gemacht werden und somit das Selbstwertgefühl erschüttern. Ohne stabiles Selbstwertgefühl sind wir noch mehr den Meinungen anderer ausgeliefert und machen uns anfälliger für Hänseleien und Mobbing.
An einem bestimmten Punkt kommen allerdings auch die besten Eltern manchmal nicht mehr weiter. Unterstützung können dann geschulte Psychotherapeuten durch verschiedene therapeutische Ansätze bieten. Diese Maßnahmen helfen den Kindern, nicht nur von anderen, sondern – viel wichtiger – von sich selbst wieder “gemocht zu werden”.
Die Artikel-Autorin Leona Steinack ist ist Diplom-Psychologin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Ausbildung.